EnBW: Weitere Ungereimtheiten bei Prüfungen in Kernkraftwerk

Der Energie-Konzern EnBW hat über weitere Erkenntnisse seiner internen Ermittlungen berichtet. | Foto: EnBW, Uli Deck
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Der Energie-Konzern hat über weitere Erkenntnisse seiner internen Ermittlungen berichtet. Demnach ist es bei insgesamt 24 Prüfungen zu Ungereimtheiten an Messeinrichtungen im Kernkraftwerk Philippsburg gekommen. Ursprünglich war von acht Fällen die Rede (wir berichteten).

Karlsruhe/Philippsburg (cris) Die Affäre um vorgetäuschte Prüfungen an Messeinrichtungen des Kernkraftwerks Philippsburg hat sich weiter verschärft. Wie die EnBW nun bekannt gegeben hat, sind bei der internen Aufarbeitung des Sachverhalts weitere Ungereimtheiten aufgetreten. So habe sich nicht nur bestätigt, dass in acht Fällen die Prüfung von Messeinrichtungen zur radiologischen Überwachung im Block 2 des Werks (KKP 2) nur vorgetäuscht wurden (wir berichteten). Hinzugekommen ist nun noch ein weiterer, gleich gelagerter Fall, einer vorgetäuschten Prüfung in der abgeschalteten Anlage KKP 1. An allen Fällen war laut Dokumentation ein externer Mitarbeiter beteiligt, die EnBW nennt ihn „Mitarbeiter 1“. Dieser Mitarbeiter habe in acht von diesen neun Fällen mit Unterschrift bestätigt, die Prüfung jeweils selber durchgeführt zu haben, obwohl sie in Wirklichkeit nicht durchgeführt wurden. Bei einer der Prüfungen habe jedoch ein zweiter externer Mitarbeiter mit seiner Unterschrift bestätigt, dass „Mitarbeiter 1“ die Prüfung durchgeführt habe, ohne dass dies den Tatsachen entsprach.

Weitere 15 Prüfungen nicht korrekt vermerkt

Doch die Ungereimtheiten gehen weiter: Die von der EnBW eingerichtete „Task Force“ hat außerdem in 15 Fällen festgestellt, dass Prüfungen an Messeinrichtungen von KKP 2 zwar fachlich korrekt durchgeführt worden sind, der Ausführungstermin im Protokoll aber nicht korrekt vermerkt wurde. Es hat sich wohl auch um Vordatierungen gehandelt, um einen verpassten Prüfungstermin zu vertuschen. Auch für diesen Fehler sei ein externer Mitarbeiter verantwortlich gewesen. Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller hatte die EnBW für die vorgetäuschten Kontrollen bereits scharf kritisiert und fordert nun eine Modernisierung der Atomrechtlichen Sicherheitsbeauftragten und Meldeverordnung (AtSMV). In einem Schreiben an die zuständige Bundesumweltministerin Barbara Hendricks drängt Untersteller darauf, die Kriterien zu verschärfen, die in einer atomaren Anlage eine Meldepflicht an die Behörden auslösen. „Aktuell haben wir jede Menge detaillierter technischer Meldekriterien in der AtSMV“, so Untersteller. „Was wir aber nicht haben, ist das Kriterium ‚menschliches Fehlverhalten‘. Das heißt, dass menschliches Versagen in einem Atomkraftwerk, auch bewusste Täuschungen aus Bequemlichkeit oder in krimineller Absicht, formal als interne Angelegenheit des Betreibers behandelt werden kann. Wenn jemand, wie in Biblis oder in Philippsburg aber Sicherheitsprüfungen vorgibt, die nie stattgefunden haben, ist das keine interne Angelegenheit, sondern in meinen Augen ein schwerwiegender Verstoß gegen die Sicherheitsinteressen der Bevölkerung.“ Dies müsse meldepflichtig sein, so Untersteller.

EnBW weitet Untersuchungsprogramm aus

Die EnBW hat derweil verkündet, ihre Untersuchungen auch auf die übrigen Anlagen des Konzerns in Neckarwestheim und Obrigheim auszuweiten. Zudem wolle man belegen, dass es keine vergleichbaren Täuschungen bei anderen Prüfungen in Philippsburg gab. Bislang gebe es aber keine Hinweise, dass die drei externen Mitarbeiter auch an den anderen Standorten zum Einsatz kamen. Ebenso betonte der Konzern, dass zu keiner Zeit eine Gefährdung für Mensch und Umwelt bestanden habe.

Meldepflicht einführen

Obwohl der Vorfall nicht meldepflichtig sei, habe man sich dennoch von Anfang an zu einer transparenten Aufklärung entschlossen, so die EnbW. Untersteller pocht dennoch auf einer gesetzlich verankerten Meldepflicht. Diese sei vor allem deshalb wichtig, sagt Untersteller, weil eine förmliche Meldung auch die Bundesaufsicht erreiche und einen bundesweiten Informationsaustausch in Gang setze. „Nur in einem solchen Prozess lässt sich sicherstellen, dass alle Beteiligten aus Fehlern lernen. Lernen und vermeiden, dass Fehler wiederholt werden, ist ein wesentlicher Bestandteil einer effektiven Anlagenaufsicht“, so Untersteller.

KKP 2 ist zur Zeit wegen einer Jahresrevision heruntergefahren worden. Für das Wiederhochfahren benötigt die EnBW, aufgrund der Vorfälle, nun die Zustimmung des Ministeriums.

Autor:

Christian Schweizer aus Bretten

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